IT Vorbereitung Outsourcing

Ärger vorprogrammiert? Erfolgreiches IT-Outsourcing braucht gute Vorbereitung.

Eine gute Qualität in der Vorbereitung eines IT Outsourcing-Projekts ist der wichtigste Schritt für den späteren Erfolg. Dabei hat sich ein zweistufiges Vorgehen mit einen Request for Information (RfI) und einem Request for Proposal (RfP) bewährt. Ergänzend dazu sollten Chancen und Risiken in einem Due Diligence-Verfahren sorgfältig analysiert werden. Worauf es bei den Schritten ankommt und wo Fallstricke lauern, wird im Folgenden detailliert beschrieben.

Der Vertrag ist unterzeichnet, das Outsourcing-Projekt startet mit hohen Erwartungen: die Kosten sollen runter, die Qualität soll steigen. Aber statt der erwarteten Qualität kommt der Ärger: unterschiedliche Vorstellungen von den Aufgaben, unpassende Ergebnisse, unerwartete Risiken, nicht eingehaltene Fristen... So geht es vielen Outsourcing Projekten: auf Euphorie folgt schrittweise die Ernüchterung.

Daran sind meist beide Vertragspartner nicht ganz unschuldig. Der Auftraggeber hat möglicherweise unter Zeitdruck seine Anforderungen an die auszulagernde Leistung zusammengestellt und dabei nicht genügend auf die Qualität der Anforderungsbeschreibungen geachtet. Der Outsourcing-Dienstleister hat wiederum in der Angebotsphase die geforderten Leistungen und Qualifikationen sehr optimistisch dargestellt und mögliche Risiken ausgespart.

Bei der öffentlichen Hand gibt es klare Vorgaben an die Inhalte und Qualität von Ausschreibungsunterlagen. Unternehmen aus der Privatwirtschaft orientieren sich oft an Best Practices, doch werden diese regelmäßig nicht eingehalten und zu selten haben Ausschreibungsunterlagen die notwendige Qualität. Am Umfang der Leistungen entzünden sich später die meisten Streitfälle. Deshalb lohnt sich bei der Definition und Beschreibung der später zu erbringenden Leistungen besondere Sorgfalt.

Lücken und Qualitätsmängel können im schlechtesten Fall zum Scheitern des Outsourcing-Vorhabens führen. Weil es häufig an der Zeit oder auch am Willen fehlt, detaillierte Dokumente zu erstellen, werden unzureichende Ausschreibungsunterlagen dann als „Leistungsbeschreibung“ zum Bestandteil des Vertrags.

Auftraggeber versuchen dabei, Lücken in der Leistungsbeschreibung mit Vollständigkeitsklauseln zum Nachteil des Anbieters und zu ihrem vermeintlichen Vorteil zu füllen. Daran entzünden sich in der Folge häufig Konflikte.

Von den öffentlichen Auftraggebern fordert das Vergaberecht grundsätzlich eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung, damit alle Bewerber diese Beschreibung im gleichen Sinne verstehen und vergleichbare Angebote zu erwarten sind. Der Auftraggeber trägt die Verantwortung für die Ermittlung aller für den Auftrag wesentlichen Angaben.

Das Vergaberecht sieht einen Auftraggeber in der Pflicht, klare Vorgaben über die zu erbringende Leistung zu machen. Der öffentliche Auftraggeber darf vom Bieter nichts Unmögliches verlangen. Auch aufsichtsrechtliche Bestimmungen, z.B. die MARisk AT 9, fordern eine klare Spezifikation der zu erbringenden Leistungen und sehen hier das auslagernde Institut in der Pflicht. Viele Outsourcing-Vorhaben würden erfolgreich verlaufen, wenn diese Grundsätze an Klarheit, Transparenz und Eindeutigkeit von allen Auftraggebern befolgt würden.

Die mangelnde Qualität in der Vorbereitung rächt sich nach der Unterzeichnung des Vertrags. Deshalb ist eine gute Vorbereitung eines IT Outsourcing-Projekts der wichtigste Schritt für den späteren Erfolg.

Ausschreibung in zwei Stufen

Dabei hat sich ein zweistufiges Vorgehen bewährt:

  1. Eine Sondierung der potentiellen Anbieter erfolgt über einen Request for Information (RfI);

  2. Nach der Bewertung des RfI erhalten ausgewählte Anbieter einen Request for Proposal (RfP).

Stufe 1: Request for Information

Beim RFI handelt es sich um einen unverbindlichen Informationsaustausch, der einen ersten Kontakt zwischen Auftraggeber und Dienstleister herstellen soll. Der Aufwand, der den Beteiligten während des RfI entsteht, ist in den meisten Fällen eher gering. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Angaben zum geplanten Vorhaben und die gestellten Anforderungen auch in diesem Vorbereitungsstadium möglichst eindeutig sein sollten. Der Auftraggeber sollte in diese Phase den Outsourcing-Dienstleister um einen Vorschlag für eine mögliche Herangehensweise an das geplante Outsourcing-Projekt bitten. Hier ist die Abfrage folgender Informationen denkbar:

• Verfügt der Outsourcing-Dienstleister über (nachhaltige) Branchenerfahrung?
• An welchen Standorten des Outsourcing-Dienstleisters würde die Leistungserbringung stattfinden?
• Weist der Outsourcing-Dienstleister eine stabile Finanzsituation auf?
• Hat der Outsourcing-Dienstleister für ähnlich gelagerte Vorhaben Referenzen?
• Welche Unternehmenskultur ist beim Anbieter etabliert?
• In welchem Umfang ist der Outsourcing-Dienstleister bei Durchführung des Vorhabens auf Subunternehmer angewiesen?
• Verfügt der Outsourcing-Dienstleister über ausreichende Ressourcen?
• Verfügt der Outsourcing-Dienstleister über ein getestetes und nachhaltiges Notfallmanagement?

Mit dem RfI verschaffen sich Auftraggeber einen guten Überblick über das Feld der Bewerber und können auf dieser Basis diejenigen Outsourcing-Dienstleister auswählen, die sich am besten für die Aufgabenstellung eignen. Diese erhalten dann den RFP.

Stufe 2: Request for Proposal

Im Rahmen des RfP werden die Outsourcing-Dienstleister aufgefordert, verbindliche Angebote für die Erbringung der auszulagernden Leistungen abzugeben. Aus Gründen der Übersichtlichkeit bietet es sich an, den RfP in vier Bereiche zu untergliedern:

• technische Anforderungen,
• fachliche/funktionale Anforderungen,
• Qualitätsmerkmale der Leistungserbringung,
• die erwarteten Service Levels und KPIs,
• die rechtlichen Vorgaben (in Bezug auf die angebotene Lösung einerseits, in Bezug auf organisatorische Anforderungen - Weisungsrechte, Kontroll- und Prüfungsrechte - andererseits).

Je genauer die Beschreibung der auszulagernden Prozesse ausfällt, umso verlässlicher und vergleichbarer sind die verschiedenen Angebote und umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Rahmen der späteren Verhandlungen unangenehme Überraschungen hinsichtlich des Leistungsumfangs oder der damit verbundenen Kosten auftreten.

Soweit mit dem Outsourcing aufgrund des § 613a BGB durch einen Betriebsübergang der Übergang von Arbeitsverhältnissen zu erwarten ist, sollte der RfP die betroffenen Mitarbeiter ausweisen und Konzepte zu deren Weiterbeschäftigung abfragen. Gleiches gilt für zu übernehmende Güter (Hardware, Software). Hier sollte der Outsourcing-Dienstleister Vorschläge für die Gestaltung des Kaufpreises unterbreiten.

Die Inhalte des RfP sind ein zentraler Bestandteil des Auslagerungsprozesses: Je detaillierter die enthaltene Leistung sowie die erwarteten Service Levels beschrieben werden und je genauer die Erwartungen an den Outsourcing-Dienstleister in rechtlicher Hinsicht formuliert werden, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Outsourcing-Projekt eskaliert oder gar endgültig scheitert.

Due Diligence

Sorgfältig erstellte Ausschreibungsunterlagen minimieren zwar Risiken, aber es sollten zur Vorbereitung des Outsourcing-Vorhabens auch Chancen und Risiken sorgfältig analysiert werden. Das leistet ein Due Diligence-Verfahren, das dem Auftraggebeber eine detaillierte Einsicht in nicht-öffentliche Informationen verschafft.

Beim Kauf eines Unternehmens gehört die Due Diligence zu den Standards, bei Outsourcing oder anderen IT-Projekten leider nicht. Eine sorgfältige Due Diligence dient den Interessen beider Vertragspartner:

• Falsche Erwartungshaltungen sollen ausgeräumt, und
• Risiken nach Möglichkeit minimiert werden.

Vergleichbare Ziele können mit einer Due Diligence beim Outsourcing (gleich ob IT oder BPO) erreicht werden. Sie ist insbesondere dann unumgänglich, wenn im Rahmen der Auslagerung auch ein Betriebsübergang stattfinden sollte und dieser auch entsprechend vereinbart wird.

Der Auftraggeber sollte in diesem Rahmen so viel Information erhalten, dass Mängel des Outsourcing-Dienstleisters oder die Unrichtigkeit der bis dahin vorliegenden Angaben so deutlich erkennbar werden, so dass die im Vertrag ausgestalteten Mängelansprüche und Garantien für diese Umstände angemessen ausgestaltet werden können.

Im Rahmen der Due Diligence kommen zwei oder drei Outsourcing-Dienstleister - mehr sollten es nicht sein - zum Auftraggeber, um die auszulagernden IT-Systeme mit ihren Tools zu vermessen und Fachinterviews mit den IT-Verantwortlichen zu führen.

Die Due Diligence dient der umfassenden Bestandsaufnahme des Auslagerungsgegenstands, d.h. die

• damit verbundenen IT-Architekturen,
• Leistungsbeschreibungen und Service Levels,
• Preismodelle, und
• ggf. bestehender Verträge.

Häufig unterteilt sich das Verfahren in fachlich-technische Workshops und in kaufmännische Bewertungen. Um die Komplexität der einzelnen Themen vollständig berücksichtigen zu können, werden in der Praxis Checklisten verwendet.
Dieser Prozess kann zwischen einer Woche und mehreren Monaten dauern. Er ist für beide Seiten mit einem hohen Aufwand verbunden - vor allem, wenn es sich um eine erstmalige Auslagerung handelt.

Wir beraten IT-Dienstleister und auch Auftraggeber bei der Gestaltung von Outsourcing-Verträgen und Due Diligence Verfahren. Hier unterstützen wir Sie dabei, die relevanten Pflichten zu regeln. Mehr Informationen dazu, wie Sie Haftungsrisiken vermeiden und das Outsourcing vorbereiten, finden Sie in meinem Artikel „Richtige Vorbereitung beim (IT-) Outsourcing zur Vermeidung von (Haftungs-)risiken“ in Computer & Recht 2018, 553. Ich freue mich über Ihre Anmerkungen und Kommentare!

Michaela Witzel, LL.M. Fordham University, School of Law, NYC, Fachanwältin für IT-Recht
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