Steuerupdate 2022: Wesentliche Änderungen für IT-Unternehmen

Das aktuelle Steuerupdate knüpft u.a. an das Steuerupdate 2020 der beiden Autoren Frieder Backu / Dr. Irene Bayer an und gibt einen Überblick über ausgewählte steuerliche Entwicklungen aus IT-rechtlicher Sicht. Erhebliche praktische Auswirkungen für IT-Unternehmen ergeben sich insb. bei der Quellensteuerabzugsverpflichtung, bei der auch eine gesetzliche Neuregelung erfolgt ist. Zudem wurde durch eine Verwaltungsentscheidung weit ausgelegt, unter welchen Voraussetzungen eine beschränkte Steuerpflicht gegeben ist

Beschränkte Steuerpflicht bereits bei Registereintragung in Deutschland

Aufgrund eines Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) soll es für das Entstehen einer beschränkten Steuerpflicht in Deutschland genügen, wenn an einen im Ausland ansässigen Vergütungsgläubiger eine Vergütung aufgrund einer Eintragung in ein inländisches Register bezahlt wird (z.B. Eintragung in das Patent- oder Markenregister). Eine Ansässigkeit des Vergütungsschuldners in Deutschland, die Verwertung in einer inländischen Betriebstätte oder ein sonstiger weiterer Inlandsbezug soll für das Entstehen einer beschränkten Steuerpflicht und die damit bestehende Quellensteuerabzugsverpflichtung des Vergütungsschuldners gerade nicht erforderlich sein.

Infolge dieser Entscheidung des BMF kann sich sowohl innerhalb von Konzernbeziehungen als auch zwischen fremden Dritten eine Verpflichtung zum Quellensteuerabzug lediglich aufgrund der Eintragung in ein inländisches Register ergeben. Es ist zu diskutieren, unter welchen Voraussetzungen vom Steuerabzug abgesehen werden kann und wie das Schreiben des BMF zu bewerten ist.

Neuregelungen zum Quellensteuerabzug in § 50c und § 50d Abs. 3 EStG

Im Einkommensteuergesetz erfolgten durch das Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz (AbzStEntModG) Neuregelungen zum Quellensteuerabzug. Die Änderungen sind durch EuGH-Entscheidungen, die die Gemeinschaftswidrigkeit von § 50d Abs. 3 EStG feststellten sowie der europäischen ATAD-Richtlinie (Anti Tax Avoidance Richtlinie) veranlasst. Im Rahmen der Neuregelung wurde das Freistellungs- und Erstattungsverfahren bei der Erhebung von Quellensteuern angepasst (neu geregelt in § 50c EStG anstatt vorher in § 50d EStG).

Ferner wurden die Voraussetzungen geändert, unter denen eine Gesellschaft oder Vermögensmasse (z.B. Stiftung) keinen Anspruch auf Entlastung von der Quellensteuer besitzt (weiterhin geregelt in § 50d Abs. 3 EStG). Eine Entlastung von der Quellensteuer kann insbesondere dann verlangt werden, wenn eine sachliche oder persönliche Entlastungsberechtigung besteht, was im Detail anhand der neuen Anforderungen zu prüfen ist. Die Voraussetzungen, unter denen eine Entlastung von der Quellensteuer auf Basis der Neuregelung verlangt werden kann, sind u.a. vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH kritisch zu beleuchten.

Umsatzsteuer-Änderungen – OSS-Verfahren

Im Jahressteuergesetz (JStG) 2020 wurde das Mehrwertsteuer-Digitalpaket der Europäischen Union in deutsches Recht umgesetzt. Die Neuregelungen sind seit dem 1.4.2021 bzw. 1.7.2021 anwendbar. Demnach gilt die bislang nur für elektronische Dienstleistungen einschlägige MOSS-Regelung etwa auch für innergemeinschaftliche Fernverkäufe und für grenzüberschreitende Dienstleistungen an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet entsprechend. Das vormalige MOSS-Verfahren wird nunmehr als OSS-Verfahren (One-Stop-Shop) bezeichnet.

Nachzahlungs- und Erstattungszinsen - Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht entschied am 8.7.2021, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen in Höhe von jährlich 6% für Verzinsungszeiträume ab 2014 verfassungswidrig ist (siehe hierzu auch unseren Artikel "Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in Höhe von 6% seit 2014 verfassungswidrig"). Allerdings ist die bisherige Regelung für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für bis einschließlich in das Jahr 2018 fallende Verzinsungszeiträume weiter anwendbar. Damit ist insoweit weiterhin ein Zinssatz von 6% jährlich zugrunde zu legen, obwohl der Zinssatz bereits für Verzinsungszeiträume ab 2014 verfassungswidrig ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gilt ausdrücklich nur für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen und nicht für andere Zinsen, z.B. Stundungs- oder Aussetzungszinsen.

Erleichterungen bei Verlagerung der Buchführung ins Ausland

Seit Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020 zum 29.12.2020 ist es bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen zulässig, die elektronische Buchführung in das EU-Ausland zu verlagern, ohne einen Antrag beim Finanzamt zu stellen (§ 146 Abs. 2a AO). Erfolgt eine Verlagerung der Buchführung hingegen in ein Nicht-EU-Land, so bedarf dies weiterhin der vorherigen Zustimmung des zuständigen Finanzamts und der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen. Eine Verlagerung der Buchführung in das Ausland liegt z.B. auch vor, wenn eine Buchführung in der Cloud stattfindet und der Server im Ausland steht.

Verrechnungspreise für immaterielle Wirtschaftsgüter

Am 14.7.2021 wurden neue Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise veröffentlicht. Diese enthalten auch vor dem Hintergrund von Neuregelungen im Außensteuergesetz (AStG) Erläuterungen in Bezug auf die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes und die Verrechnungspreismethoden. Im Hinblick auf das bei immateriellen Wirtschaftsgütern neu implementierte DEMPE-Konzept sind gleichfalls Ausführungen enthalten.

PC- Hardware- und -Software abschreiben

Änderungen, von denen Gebrauch gemacht werden kann (d.h. Wahlrecht des Steuerpflichtigen), erfolgten auch bei der Abschreibung von PC-Hardware und -Software: Hat die Anschaffung / Herstellung nach dem 31.12.2020 stattgefunden, so kann unabhängig von dem Anschaffungs-/Herstellungswert eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr angenommen werden. Auch kann nach dem 31.12.2020 ein noch bestehender Restbuchwert von bereits in der Vergangenheit angeschaffter PC-Hardware und -Software vollständig in Höhe des gesamten Restbetrags steuerlich geltend gemacht werden.

Ausblick

Steuerliche Änderungen werden weiterhin in hoher Geschwindigkeit und großem Umfang stattfinden. Hierbei werden insbesondere für international tätige Unternehmen zahlreiche Unsicherheiten verbleiben. Diesen ist bei der Ausgestaltung der internen und externen Vertragsbeziehungen angemessen Rechnung zu tragen.

Eine ausführliche Darstellung der genannten Punkte, der hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen und weiterer Aspekte finden Sie in unserem Artikel Steuerupdate 2022. Wir beraten IT-Unternehmen bei allen Fragen rund um ihre internen und externen Vertragsbeziehungen und stehen ihnen bei Fragen rund um das Steuerrecht, insbesondere zu den aktuellen Änderungen bei der Quellensteuer, der Umsatzsteuer, der Abgabenordnung und der Verrechnungspreise, zur Verfügung.

Frieder Backu,
Fachanwalt für IT-Recht, Fachanwalt für Steuerrecht
backu@web-partner.de
Dr. Irene Bayer, Fachanwältin für Steuerrecht
bayer@web-partner.de